Shadow Files 46 – Im Zentrum des Fluchs

Wie eine Energiewelle wallt es durch sie hindurch und Max ist sich sicher: [Aspekt: Die letzte Stunde hat geschlagen]. Liam dagegen hat einfach [Minor Complication: zu viele Rätsel im Kopf]. Das ganze Haus beginnt zu knarzen und aus allen Richtungen sind die verschiedensten Tiergeräusche von Geblöke über Wiehern bis zu bedrohlichem Fauchen zu hören.

Ein ausgestopfter Bär fängt sich plötzlich an zu bewegen, reißt sich mit einem heftigen Ruck von der hölzernen Bodenplatte, torkelt auf die Besucher zu, kracht nochmal zusammen und richtet sich mühsam wieder auf. Weitere Tiere lösen sich und beginnen erst langsam und vor Schmerzen brüllend, aber immer bedrohlicher auf die Menschen einzudringen. Liam erkennt, dass sie sich mitten in einem Fluch befinden, der alles hier umfasst und macht sich hektisch weitere Notizen.

Eine tiefe, geisterhafte Stimme ertönt von irgendwo, es muss eine fremde Sprache sein, dennoch versteht jeder in seinem Kopf, dass sie sagt: “Seid artig, wir haben Gäste!”. Doch falls das an die Tiere gerichtet war, scheint die das nicht wirklich zurückzuhalten. Ängstlich richtet Max seine MP auf den Bär und einen Hirsch, der sich vorkämpft, und flüstert, dass sie fort bleiben sollen.

Hinter Liam wallt, von ihm unbemerkt, ein grünlicher Nebel aus dem Spiegel und aus der Tür zum gegenüberliegenden Spiegelraum tritt ein geisterhafter altertümlicher Diener mit einem sehr realen, abgegriffenen Tablett mit uralten Trinkgefäßen mit einer bräunlichen Flüssigkeit, dass er den verdutzten Goran und Max mit einem Knicks entgegenstreckt. Endlich bemerkt Liam den grünen Nebel, der sich inzwischen auch zu einem geisterhaften Angestellten geformt hat, der einen großen Holztrog mit einer dampfenden, würzig riechenden Wild-Mahlzeit in den Flur trägt. Liam wirft einen Blick in den Spiegel hinter sich und sieht kurz sich selbst, jedoch völlig aufgebrezelt mit einem feinen Anzug, bevor das Bild verschwindet und ihm den Blick auf ein dunkles Kellerloch freigibt, das von rauchenden Fackeln erleuchtet wird.

Die geisterhafte Stimme ertönt wieder und fordert sie auf, von seinem Speiß und Trank zu nehmen, doch Goran und Max, die merken, wie die geisterhaften Gestalten ihnen die Lebensenergie aussaugen, lehnen dankend ab. Es entsteht eine etwas skurrile Diskussion, in der sich der geisterhafte Gastgeber über das Ablehnen seiner Gastfreundschaft echauffiert und Max [milde Konsequenz: Schweißausbrüche] bekommt. Liam ruft den anderen zu, dass er einen Ausgang gefunden habe, tritt durch das nicht mehr vorhandene Spiegelglas und findet sich in einem feuchten, dunklen Kellergang wieder. Ein Blick nach hinten zeigt ihm kein Tor zurück.

Als Goran den zögernden Max in den Raum ziehen will, versperren ihnen die Geisterdiener den Weg. Kurzentschlossen schlägt Goran den Geistern ihre Tabletts und Tröge aus den Händen [Aspekt: abgelenkt], was Max nutzt, um sich an ihnen vorbeizuschlängeln. So kann er nicht mehr sehen, wie einer der Geister die Hände über dem Kopf zusammenschlägt und zu jammern beginnt, während der andere etwas ziellos mit Essen nach Goran schmeißt. Hinter Goran an der Gangkreuzung erscheint plötzlich ein – das ist kein Geist, eher eine Art Zombie mit einer sehr realen Jagdflinte, die er ohne zu zögern auf Goran abfeuert. Nur um Haaresbreite kann er ausweichen, wobei er das Gefühl hat, dass sich das ganze Haus seiner Ausweichbewegung entgegenkrümmt.

Max zündet nochmal eine Bengal-Fackel und wirft sie direkt in einen der Geister [Aspekt: ablenkendes Licht], was Goran nutzt, um an den Geistern vorbei zu flutschen. Dabei verliert er die Tasche mit der High-Tech-Sonarwaffe, die er immer noch für Liam mit sich herumgeschleppt hatte [Minor Complication]. Hastig springen Max und Goran in das Ungewisse hinter dem Spiegel.

Liam hört schlurfende Schritte von vorne. Er kann nicht weit sehen, weil sich der Gang nach vorne krümmt, wobei das auch irgendwie nicht ganz stimmt, denn je nachdem, mit welchem Auge er schaut, sieht es anders aus. Irgendetwas ist surreal, deshalb kniet er sich hin und versucht sein magisches Gefühl mit dem, was er sieht, zu vergleichen. Er spürt, dass er sich im Epizentrum des Fluchs, in einer anderen Realitätsebene, im “Hort des Vergessens” befindet. Schnell schnappt er sich das Tagebuch und versucht alles aufzuschreiben [Aspekt: Anleitung gegen das Vergessen]. Als schließlich Max und Goran zu ihm stoßen, schwört er sie gleich unvermittelt darauf ein, dass sie sich die ganze Zeit selber vorbeten sollen, dass sie sich in einem Fluchhaus befinden. Auch Goran und Max spüren, dass das, was sie sehen und unter ihren Füßen fühlen, nicht zueinander passt.

Ein alter Mann in einem alten, eigenartigen Frack, taucht im Gang auf. Als er die Gruppe sieht, erschrickt er und redet auf Serbisch los. Goran übersetzt, dass er nach dem Ausgang fragt. Goran versucht ihren Zugang über den Spiegel zu beschreiben, doch er brabbelt nur wie dement vor sich hin und tapst davon. In der Zwischenzeit versucht Liam, Max etwas auf die Hand zu schreiben, um ihm bei der Erinnerung zu helfen, doch mit dem Angstschweiß klappt das nicht [Chip]. Stattdessen schreibt er auf Gorans Ärmel, dass in Liams Buch die Lösung steht.

Der Mann kehrt wieder zurück und möchte sich an ihnen vorbei drängen. Liam fordert Goran auf, ihn nach Radanovic zu fragen. Kurz blitzen die Augen des Mannes auf, er sagt, dass der Herr bestimmt wieder Wild gebracht hätte und man sich drum kümmern müsse. Doch dann driftet er auch wieder davon. Als Goran ihn auf die Frau im See anspricht, blitzt wieder etwas auf, er ruft, dass er ein Schälchen vergessen hätte und rennt los, nur um ein paar Schritte weiter wieder in seinen verwirrten Trott zu verfallen.

Liam greift zum Steinboden und zaubert eine kleine Schale mit Verzierungen, die an die Tassen auf dem Geistertablett erinnern, aus dem Stein [Aspekt: Erinnerungsstück]. Damit eilt er dem alten Mann hinterher und konfrontiert ihn damit. Doch der erinnert sich an nichts, auch nicht an eine Frau im See. Stattdessen ruft er einen Namen und fragt wieder nach dem Ausgang. Offenbar hat er sogar vergessen, dass er sie Minuten vorher schonmal gesehen hat. Plötzlich setzt er sich hin und beginnt, bitterlich zu weinen. Liam setzt sich zu ihm und versucht ihn mit Gorans Übersetzungshilfe zu trösten [Aspekt: getröstet]. Tatsächlich hört der Mann zu und warnt vor der Falle, in der sie sich befinden. Auch andere waren wohl hier, die sich schon in komplettes Vergessen aufgelöst haben. Er zieht ein Lederbüchlein hervor, das ihn wohl bisher vor dem gleichen Schicksal bewahrt hat. Auf den Fluch angesprochen sagt er, dass der Herr wohl seine Worte schlecht gewählt hätte, als er um das Vergeben seiner Sünden gebeten habe. Er war einst sehr grausam zu den Tieren und hat sogar die Armen aus dem Dorf wegen Diebstahls mit Eisenhaken auf Tiere schlagen lassen. Schließlich haben ihn die Tiere, die Herrin des Waldes (Radisa) und die Herrin des flüsternden Sees (Eica) gestellt. Doch die Worte des ewigen Vergessens für das Haus und das Drumherum hat er selber gewählt und damit noch mehr Leid über den Ort gebracht hat.

Der alte erzählt auch, dass später nochmal andere Menschen im Haus waren, entfernte Verwandte, doch auch sie sind dem Fluch anheim gefallen. Und das die tiefen Keller noch älter sind als das Haus selber. Er selbst heißt übrigens Pavlo und war der Kammerdiener des Herrn, die anderen Diener Sabo und Rodra sind nur noch Schatten. Auf die Frage, wer den Wortlaut des Fluches kenne, verweist er auf die Herrin des Waldes und die Herrin des Sees. Der grüne Nebel sei übrigens die Verbindung aus Wald und Wasser, die Kräfte, die den Fluch Wirklichkeit werden ließen.

Plötzlich ruft Liam aus, dass er wisse, wo der Ausgang sei. Er steckt sich den Torring an und läuft los. An einer Stelle, an der etwas mehr Wasser aus dem Gestein dringt und sich eine flache Pfütze auf dem Boden gebildet hat, hält er inne. Dann springt er direkt in die Pfütze und ist verschwunden. Pavlo kniet sich ungläubig nieder und tastet vorsichtig in die Pfütze, die sich völlig normal und nicht tief anfühlt. Nach etwas zureden von Max und Goran gibt er sich einen Ruck und springt auch hinein, gefolgt von Max und Goran.

Ein kleiner Nebentümpel des Sees in der Nähe des Bootshauses spuckt sie wieder aus. Pavlo schaut sich mit großen Augen um, dann beginnt er im Zeitraffer zu altern…

Ersten Kommentar schreiben

Antworten