Kapitel 13: Im Bauch des Schreckens

Ich stelle mich den seltsamen Riesenspinnen entgegen. Sie bewegen sich sehr schnell, und es ist schwierig, den Überblick bei all den Beinen und Tentakeln zu bewahren.

Hinter mir höre ich Ethan fluchen, er ist wohl hingefallen. Es muss unheimlich sein, all das hier ohne Augenlicht zu erleben. Wir dürfen die Spinnen nicht an ihn ranlassen, er könnte sich nicht wehren.

Der Metallmann kommt mir zur Hilfe. Er schnappt sich eins der Ungeheuer und schleudert es herum. Das andere fällt von einem Feuerstrahl der Vorväter getroffen zu Boden, doch bevor ich aufatmen kann, springen noch mehr der Viecher auf unseren schwebenden Eisenklotz. Die Feuerstrahlen der Vorväter zischen an uns vorbei und dezimieren die Angreifer. Evelyn, Robin und Whyrm haben gut gelernt, diese Mächte zu nutzen. Zum Glück sind die Biester nicht besonders stabil; der Hammer zerquetscht sie wie reife Melonen.

Immer mehr von den ekelhaften Kreaturen stürmen auf uns ein. Manche sind nur so groß wie fette Ratten, aber dafür kommen davon umso mehr und wir müssen uns mit Händen und Füßen wehren. Whyrm hat sich inzwischen offenbar sehr gut an Tjorbens Körper gewöhnt, tritt und schlägt um sich wie ein von Taureau-Trois-Graines-Besessener und treibt viele der Viecher in den Abgrund.

Während immer mehr der Spinnenmonster auf uns eindrängen, ertönt plötzlich eine unerträglich laute Sirene von Bob. Irgendwo zwischen dem Lärm höre ich Evelyn schreien, die verzweifelt versucht, Ethan von den widerlichen Dingern zu befreien. Ich komme gerade nicht hin, aber Whyrm kann zum Glück helfen.

Gerade habe ich mir wieder etwas Luft verschafft, da kracht aus der Dunkelheit ein noch viel größeres Monster auf Bob herab. Es hat eine etwas andere Farbe, noch viel längere Tentakeln und einen dickeren Bauch. Das Ding packt doch tatsächlich den ganzen Metallmann und stopft ihn in seinen riesigen Schlund unter seinen Tentakeln. Wie bei einer Schlange, die ein ganzes Kaninchen verschluckt hat, sieht man die Konturen des Metallmanns aus dem Leib herausstehen und das Monster hat Schwierigkeiten, sich zu bewegen. Wahrscheinlich ist Bob schwer verdaulich, auch für so eine ungeheuerliche Kreatur.

Gerade will ich Bob zu Hilfe kommen, da würgt ihn das Vieh schon wieder aus und schnappt stattdessen nach mir. Das muss es mit einem zertrümmerten Bein bezahlen, aber auch wenn es schrecklich aufschreit, lässt es leider nicht von uns ab.

Ich hab schon lange die Übersicht in diesem Durcheinander verloren, überall wird gekämpft, aber ich glaube, dass wir uns bisher dank der Rüstungen und Waffen der Vorväter gut zur Wehr setzen konnten. Im nächsten Moment rutscht mir der jaulende Bob in die Beine, er muss auf dem ganzen Schlabber ausgerutscht sein, und wir beide stürzen übereinander. Und genau in dem Moment, bevor wir uns aufrappeln können, erzittert unsere schwebende Eisenplatte, die bisher so stoisch in die Tiefe gefahren war, mit einem gewaltigen Knall.

Ich mag meinem Auge nicht trauen, noch so eine Ausgeburt, nur noch viel größer, ist gerade aufgeschlagen. Sie nimmt mehr als die Hälfte unserer riesigen Plattform ein. Risse ziehen sich durch den Boden, gerissene Seile surren um uns herum und am anderen Ende der Fläche sehe ich, dass einer der vier Träger, an denen unser beweglicher Boden in die Tiefe rauscht, zur Seite und in die Dunkelheit wegkippt. Metallenes Knirschen übertönt die immer noch heulende Sirene von Bob und langsam neigt sich der Boden. Ein riesiges Bein des Ungetüms hackt auf den Metallmann mit einer Wucht ein, die jeden anderen von uns zerschmettert hätte.

Bob lässt grelles Licht aufblenden und erntet dafür wütendes Geschrei von dem riesigen Ungetüm. Ich rufe schließlich Ogoun zu Hilfe, keinen Moment zu spät, denn beinahe wäre ich von den immer noch imposanten Vorderbeinen des zweitgrößten Monsters aufgespießt worden.

Der Boden neigt sich bedenklich und gleich wird alles in die Tiefe stürzen. Da verstummt endlich das nervtötende Geheule von Bob und wir können Tjorben rufen hören, dass wir abspringen müssen. Tatsächlich hat er einen Steg ausgemacht, der wie aus dem Nichts in die Höhle ragt und an dem wir gleich vorbeifahren oder stürzen werden. Ein weiteres Bersten ist zu hören und ein Teil der Plattform stürzt mit dem riesigen Monster in die Tiefe. Bob schnappt sich Ethan und todesmutig springen wir in die Dunkelheit.

Von den Händen Bades getragen, landen wir alle auf dem rettenden Steg und können mitansehen, wie der Rest des Fahrstuhls mitsamt den schrecklichen Kreaturen, Metallträgern, Seilen und Trümmern in die Tiefe stürzt. Überall um uns herum ist markerschütterndes Gekreische zu hören, dann wird es plötzlich still bis auf das Stöhnen von Ethan, der beim Aufprall halb unter dem Metallmann begraben wurde.

Wir stehen auf dem Steg mitten in der riesigen Kaverne und meine Freunde können im schummrigen Licht noch viele von den fremdartigen Kreaturen ausmachen, die sich aber im Moment erstmal vor uns zurückziehen. Bob scheint wie eine Eule sehen zu können und zählt auf, was er noch erkennen kann. Neben Tausenden der kleinsten Spinnenviecher kann er etwa hundert der manngroßen und etwa zehn der großen Bestien ausmachen. Ein weiteres Riesiges wie das, das den Fahrstuhl zerstört hat, kann er zum Glück nicht erkennen.

Der Steg führt zur Wand der Höhle, wo eine schwere Metalltür zu erkennen ist, hinter der sich eine Treppe nach oben und unten durch den Fels windet. Auch hier ist alles von dem pulsierenden Gewebe überzogen und der ein oder andere Kokon liegt herum. Bevor wir uns da reinwagen, versorgen wir lieber erst einmal die schweren Wunden von Ethan und Robin, auch wenn das bedeutet, eine gefühlte Ewigkeit in dieser unweltlichen Höhlenhölle auszuharren.

Ab und zu tastet sich eins der Spinnenwesen auf der Treppe in unser Blickfeld, zieht sich aber sofort wieder zurück. Sie sind überall, über und unter uns. Als Whyrm einen Warnschuss die Treppe hinunter feuert, gibt es wütendes Gefauche, aber wir haben einen Moment länger Ruhe.

Inzwischen ist es 14:05 Uhr und endlich können wir Ethan wieder auf die Beine helfen, um weiterzugehen.

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