
Goran und Max beobachten fassungslos, wie sich der ganze Körper ihres Begleiters verformt. Immer mehr Fell quillt aus allen Öffnungen der Kleidung bis diese schließlich aufreißt und eine animalische Gestalt freigibt, die umfällt und sich auf dem Boden windet.
In seinem Schmerz und seiner Verwirrung ergreift Ronan das Amulett seiner Mutter und mit einem Mal setzt sich ein Puzzle aus Erinnerungen an umgehängten Kränzen, Liedern in fremden Sprachen, Schutzritualen an besonderen Tagen und Vollmondnächten und die mysteriöse Andeutungen (“Hüte Dich vor Deinem Vater”, “Du trägst einen Keim in Dir”) zu irgendetwas zusammen, das wohl zusammengehört. Er spürt eine ungeheure Macht in sich und obwohl er Zweifel hat, ob er es kontrollieren kann, ist da auch die Neugierde, herauszufinden, was es damit auf sich hat.
Von all dem bekommen Goran und Max natürlich nichts mit, aber sie sehen, dass sogar der große, sabbernde Wolf seinen Schwanz einzieht und vom Zaun wegrückt. Max erlegt ihn mit einem gezielten Plattschuss, so dass sie sich wenigstens nicht mehr um diesen kümmern müssen.

Mit einem Mal sind die Schmerzen verschwunden und Ronan spürt eine unbändige Kraft und Wut. Er erhebt sich, reckt die Arme in den Himmel und gibt einen fürchterlichen Schrei von sich. Die Welt um ihn wirkt unglaublich intensiv mit seinen neuen Sinnen. Er spürt, dass der Wolf vor ihm völlig vergiftet war, so dass er kaum noch ein Tier war und hinter sich riecht er den Angstschweiß der zwei nutzlosen Menschenkreaturen, die in seinem früheren Leben seine Begleiter waren. In dem Gebäude vor sich kann er noch mehr erbärmliche Menschen wahrnehmen, die sich mit Schüssen gegen die zwei übriggebliebenen vergifteten Wölfe zur Wehr setzen. Weiter hinten aus der Höhle im Feld dringt ein dunkles Brummen.
Ungläubig beobachten Goran und Max, wie das zweieinhalb Meter große Ronan-Tier mit seinen gewaltigen Pranken den Metallzaun aufreißt, schreit, auf das Haus zurennt, mit einem großen Satz an eines der Fenster im ersten Stock springt und sich mit roher Gewalt in das Gebäude wuchtet. Noch mehr Gewehrfeuer und menschliche Schreie dringen aus dem Bau und nun auch Wolfsgeheul und das wütende Brüllen des Tiers. Auf einmal splittert Glas und ein halber Wolfstorso fliegt heraus. Schwere Schläge sind zu hören und eine Wand wird sichtbar nach außen gedrückt, bis sich eine tropfende Metallspitze hindurchbohrt. Ein weiteres Fenster klirrt und zwei menschliche Arme fliegen heraus.
Mit zittrigen Beinen machen sich Goran und Max auf den Weg durch das Loch im Zaun, um zum Hubschrauber zu gelangen. Als sie gerade am Haus vorbei sind, steht plötzlich ein alter Mann in einer seltsamen Kutte vor ihnen. Goran herrscht ihn auf Serbokroatisch an, dass er sich in Sicherheit bringen soll, doch der Alte erwidert mit ruhiger Stimme auf Englisch, dass sie gehen sollten, das hier sei sein Platz. Obwohl er sehr alt und gebrechlich wirkt, strahlt er eine große Souveränität aus.
In dem Moment kracht das Tier durch die Tür, einen Menschenkopf in der einen und einen halben Wolfstorso in der anderen Pranke, über und über mit Blut und Dreck verschmiert. Ohne zu zögern schreitet der Mönch dem Tier entgegen, zieht ein Seil aus dem Ärmel, in das er komplizierte Knoten webt und währenddessen in einer fremden Sprache spricht.
In seinem urgewaltigen Furor hat der, der früher Ronan hieß, alles schwache, kranke und degenerierte im Haus ausgelöscht und sieht sich nun drei weiteren Punkten gegenüber, die es auszulöschen gilt. Der vorderste Punkt riecht nach etwas, dass Erinnerungen an die Mutter weckt, die Kränze, die sie dem kleinen Ronan um den Hals legte. Er spricht etwas und mit einem Mal übermannt ihn ein völliger Friede.
Das Tier lässt Kopf und Wolf fallen, verharrt einen kurzen Moment sichtbar, als würde es über etwas nachdenken, und greift schließlich mit seiner Pranke nach der Kette, die immer noch um seinen Hals baumelt. Im nächsten Moment krümmt es sich zusammen und ein schmerzhafter Rückverwandlungsprozess beginnt. Am Ende liegt ein beinahe nackter und blutverschmierter Ronan bibbernd im Dreck.
Der Alte wendet sich an die verdutzten Zuschauer und fragt sie, ob sie nicht wussten, was er ist. Dann geht er zu Ronan und streicht ihm sanft über den Kopf, der sich etwas entspannt.

Goran findet die Sprache zuerst wieder und will wissen, was los ist. Der Alte stellt sich als Valerian Tsiklauri vor, er ist der Priester der Kirche. Er stellt klar, dass sie sich in einem Sperrgebiet befinden und dass weder sie noch die anderen Männer (die Škorpioni) hier sein sollten. Aber er bietet den dreien an, mit ihm in die Kirche zu kommen, um zu essen und zu reden, bevor sie dann verschwinden sollen. Er bekreuzigt sich noch kurz wegen der gefallenen Soldaten und führt seine Besucher in sein Gotteshaus.
Die Kirche wirkt uralt, der Vorraum ist zu einem improvisierten Wohnraum eingerichtet. Ein Bronzekessel hängt über einem Feuer und verströmt den appetitlichen Duft, den Ronan schon außerhalb gerochen hatte. Valerian bietet den Besuchern sein Essen an und endlich ist Gelegenheit, etwas über diesen Ort und was passiert ist zu erfahren, auch wenn der alte Mann auf einige Fragen nur sehr mystische Andeutungen preisgibt.
Die Kirche ist schon über 1000 Jahre alt. Sie wurde offenbar gegründet, um die Höhle zu bewachen. Über das, was in der Höhle sein soll, gibt sich der alte Mann nur sehr geheimnisvoll. Er spricht von uralten Kräften, die von alten Völkern verehrt wurden. Dass jemand irgendwelche Giftfässer in die Höhle gebracht hätte, hält er für ausgeschlossen. Gorans Vorschlag, mal einen Blick in die Höhle zu werfen, lehnt Valerian ab mit dem Hinweis, das wäre wesentlich erschreckender als das, was sie gerade erlebt haben.
Das Sperrgebiet um den Höhleneingang wurde irgendwann nach dem zweiten Weltkrieg eingerichtet. Es gab wohl wissenschaftliche Experimente mit irgendetwas, was die Militärs aus der Höhle geholt hatten und was sie nicht hätten rausholen sollen. Es gab Tote, 20 Männer sind gestorben und die Experimente wurden beendet. Seit 2014 war niemand mehr im Sperrgebiet, bis wenige Stunden zuvor die Škorpioni mit ihrem Hubschrauber eingefallen sind. Das Bärengeschrei hat schon vor etwa drei Tagen angefangen. Auch die kranken Wölfe hat er schon einmal gesehen.
Dann schlägt Valerian vor, herauszufinden, wer oder was Ronan ist und bittet ihn, mit in den Altar-Raum zu kommen. Der Altarraum sieht sehr altertümlich aus und ist über und über mit Heiligenbildchen und anderem sakralen Schnickschnack verziert. Der alte Mann fordert Ronan auf, sich hinzuknien und beginnt ein langwieriges Ritual, bei dem er zunächst einen Kreis aus Kräutern um Ronan auf den Boden streut, fünf uralte Kerzen um ihn aufstellt, langsam im Kreis läuft, Weihrauch versprüht und in einer Sprache singt, die fremd und anders klingt als alles, was die Drei bisher je gehört haben.

Max zückt sein Handy und macht sich bereit, eine mögliche wiederholte Verwandlung von Ronan zu filmen, doch nichts dergleichen passiert. Einzig Ronan hat den Eindruck, dass überhaupt etwas passiert, er meint um sich herum einen bläulichen Schimmer wahrzunehmen und alles außerhalb des Kräuterkreises erscheint ihm irgendwie versetzt.
Nach einer gefühlten Ewigkeit sagt Valerian schlicht: “Wir sind fertig” und macht mit seinen Füßen den Kräuterkreis kaputt. Doch eine Erklärung, was mit Ronan geschehen ist, liefert er nicht. Vielmehr als die mysteriöse Behauptung, dass Ronan weder krank noch vergiftet wäre, sondern ein uralter Funke einer alten Art in ihm stecke, lässt sich ihm nicht entlocken.
Aber er lädt seine Gäste ein, in seiner Kirche zu übernachten. Gemeinsam bereiten sie noch ein Bad für Ronan vor, damit er sich das Blut abwaschen kann. Goran und Max sammeln die Ausrüstung und Ersatzkleidung für Ronan von ihrem Lager ein.
Valerian verkündet, dass sie für die Nacht sicher seien. Er spricht aber auch eine eindrückliche Warnung für Mitternacht aus: Sie dürfen das Haus nicht verlassen, egal was passiert. Näheres will er nicht erläutern. Wieder fühlt sich Max an schlechte Horrorfilme erinnert, in denen er sich nun plötzlich zu befinden scheint. Auf Gorans Idee hin stellen sie eine Kamera draußen auf, die automatische Aufnahmen machen soll, wenn sie schon nicht rausschauen dürfen. Allerdings stellen sie sich dabei nicht besonders geschickt an [-1].
Bevor sie endgültig schlafen, verlangt der alte Mann noch, dass sie gemeinsam mit ihm beten. Er gibt sich Mühe, das Gebet auf Englisch zu sprechen, und es dreht sich offenbar vor allem um Schutz. Mit dem Ende des Gebets löscht er das Licht und schläft sofort mit hörbarem Schnarchen ein. Es herrscht absolute Dunkelheit.
Max schreckt hoch, das Schnarchen eines seiner Mitreisenden hat ihn geweckt. Außerdem kann er noch etwas hören, ein leises Kratzen an der Tür, das immer aufdringlicher wird. Dann hört er eine Kinderstimme, die ihn auffordert: “Max, mach auf!”
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