
Mit dem Eindruck des Bärengebrülls schaut sich Max die Pistole an, die Goran ihm zugesteckt hatte. “Wartet hier!”, ruft er und sprintet zurück zur Hütte, um für sich und Ronan Gewehre von den überwältigten Söldnern zu besorgen. Schnell ist er zurück und es geht wieder in den Wald. Vorsichtig schreiten sie voran, zunächst noch auf dem Weg, den sie schon kennen, doch nach kurzer Zeit geht es ab nach Norden. Bisher hat Ronan noch mit gedämpfter Stimme auf den knurrigen Veteranen eingeredet, ihm für seine Hilfe gedankt und etwas Vertrauen aufgebaut, doch nun geht es schweigend weiter. Die Dämmerung kommt schnell und der Wald wirkt immer mehr wie eine undurchdringliche, dunkle Wand.
Die Zielkoordinaten rücken näher, aber der Weg führt zu weit östlich daran vorbei. Tatsächlich ist, den Karten entsprechend, kein Pfad auszumachen. Trotz Dunkelheit entschließen sie sich, den Weg zu verlassen und sich mühsam quer durch den Wald zu kämpfen. Zum Glück hat Ronan beim Wühlen in der Ausrüstung der Söldner Nachtsichtgeräte mit Restlichtverstärkerfunktion eingepackt [Rückblende]. Die schweren Geräte drücken zwar auf den Schädel, aber immerhin kommen sie so auch in der Dunkelheit verhältnismäßig gut voran. Nur Goran flucht leise und schnauft etwas ungelenk hinterher, ihm ist die Kraxelei wohl ins Kreuz gefahren [Compel].
Nach einiger Zeit, es ist jetzt etwa 17:30 Uhr, stoßen sie auf eine vermoderte Holztafel und auf einen alten Forstweg, der nicht in den Karten verzeichnet ist, aber offensichtlich ab und zu noch benutzt wird. In dem Licht sind die Bilder und die Schrift der überwucherten Holztafel nicht zu erkennen, aber irgendwie wirkt es, als wäre die Tafel mehr als fünfzig Jahre alt.
Der alte Forstweg führt nach Westen, ziemlich genau in Richtung der Zielkoordinaten, und so folgen sie ihm. Nach kurzer Zeit können sie vor sich Lichter erkennen. Es muss ein Gebäude sein und auch ein paar sich bewegende Lichter, vielleicht Taschenlampen. Vorsichtig schleichen sie sich näher. Schließlich können sie vor einer steilen Felswand im Norden einen alten, hässlichen Ostblock-Plattenbau mit zwei Etagen erkennen, der auf einem großen, umzäunten Gelände steht.

Das Areal ist durchzogen von Straßen und Plätzen aus groben Betonplatten und übersäht mit verrotteten Materialien, alten Schuppen, ein paar Zapfsäulen. Völlig deplaziert wirkt etwas weiter hinten eine kleine Holzkapelle, aus der etwas schummriges Licht dringt. In der Nähe ist auch der große Mil Mi-17 Militärhubschrauber zu erkennen, der ein paar Stunden vorher über die Gruppe hinweggeflogen ist. Das einzige Licht kommt aus dem Gebäude und von zwei Soldaten mit Stirnlampen, die mitten auf dem Gelände mit einer Person diskutieren, die in ein dunkles, wallendes Kleid oder Roben gehüllt scheint und schließlich in Richtung Kapelle davoneilt.
Der Zaun um das Gelände sieht zwar alt aus, aber auch sehr massiv, etwa 3 Meter hoch und mit Stacheldraht bewehrt. Schilder warnen in verschiedenen Sprachen, auch in Deutsch, vor einem militärischen Sperrbereich. Neben dem Eingangstor stehen die Reste von zwei Wachtürmen, einer ist komplett zusammengebrochen. Doch der Zaun und das Tor erscheinen intakt. Hinten an der Felswand kann Ronan noch zwei weitere Wächter entdecken, die vor einem riesigen, ca. 5 Meter hohen Loch in der Felswand, wahrscheinlich dem Eingang zur besagten Monsterhöhle, patroullieren. Diese haben aber keine Stirnlampen auf.

Eine Inspektion der Ostseite, im Rücken des hässlichen Gebäudes, ergibt leider, dass der Zaun, so alt er auch ist, soweit in Schuss gehalten wird, dass es kein einfaches Durchdringen gibt. Er schließt direkt mit der beeindruckenden Felswand im Norden ab. Im Gebäude sind noch weitere Personen zu erkennen und Max entdeckt einige uralte Überwachungskameras, aber das System scheint offensichtlich nicht mehr in Betrieb zu sein, die Kabel hängen zum Teil einfach in der Luft.
Die Gruppe beschließt, sich im Süden, also in der Nähe des Eingangstors, in einem geeigneten Versteck auf die Lauer zu legen. Einer soll das Geschehen beobachten, während die anderen sich etwas ausruhen können. Ronan macht noch einen Abstecher zur Westseite des Zaunes, dabei entgeht er nur knapp durch ein beherztes auf-den-Boden-Schmeißen dem Lichtkegel eines der Soldaten und reißt sich dabei den Arm auf [Compel]. Gelohnt hat sich der Ausflug leider nicht, auch auf dieser Seite ist der Zaun vollständig intakt. Und der Duft vom herzhaften Essen, das wohl in der Kapelle zubereitet wird, macht das Lauern im Unterholz nicht einfacher.
Während Ronan unterwegs ist, bittet Max Goran, sich nochmal um das Funkgerät zu kümmen und tatsächlich kann Goran durch befolgen einer alten Standard-Prozedur der Škorpioni den letzten Funkfrequenzwechseln folgen und ein bisschen mitlauschen [Create Advantage]. Auch wenn einige Informationen nur mit dem passenden Code-Buch Sinn ergeben würden, ist doch mitzubekommen, dass hier wohl noch eine andere, nicht-Škorpioni-Einheit angeheuert wurde, mit der die Zusammenarbeit nicht gut funktioniert. Irgendwo scheint auch die Polizei Ärger zu machen und dort Kräfte zu binden. Den USB-Stick haben sie noch nicht entschlüsselt, aber einen Spezialisten drauf angesetzt und sind deshalb guter Dinge, dass sie es bald schaffen. Außerdem sind sie offensichtlich auf der Suche nach den unbekannten Eindringlingen und spekulieren über die Herkunft: FSB oder doch etwas westliches?
Derweil führt Max ein bisschen Buch über das, was er sehen kann. Die zwei Wächter beim Höhleneingang sind wohl mittelmotiviert bei der Sache, aber die beiden mit den Lampen weiter vorne nehmen ihre Aufgabe wohl ziemlich ernst. Im Gebäude kommt Max nochmal auf vier weitere Personen. Und dazu kommt natürlich noch der Mensch, der sich in die Kapelle zurückgezogen hat.

Halb ausruhend, halb wartend brüten die drei Abenteurer darüber, wie sie nun unbemerkt in das Gelände kommen könnten. Plötzlich sind Rufe der Wachen zu hören. Mit angelegten Gewehren leuchten sie in Richtung Westen und rücken langsam vor. Zuerst sind ein paar blitzende Augen zu sehen, dann zeichnen sich die Silhouetten von drei oder vier Wölfen im faden Licht der Taschenlampen ab. Zwischen den Wölfen und den Soldaten ist der hohe Zaun. Das bedeutet andersherum, dass zwischen den Wölfen und den drei Lauernden kein Zaun ist …
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