
Ein Ruck geht durch das Boot. Evelyn springt zurück ans Steuer und bringt das Wassergefährt erstaunlich schnell und galant unter Kontrolle. Doch leider sind Bob und Ethan schon über Bord gegangen. Flip springt hinterher und holt den Blinden zurück. Robin hilft dabei, rutscht jedoch auf den überall im Boot verteilten Gedärmen aus.
Der Roboter hingegen sinkt zum Grund des Sees. Er erkennt eine größere Delle im Boot, dort wo es gegen einen Felsen geschrammt ist. Der Felsen ist scharfkantig, ein Teil davon muss erst vor wenigen Jahren abgebrochen sein. Zudem sind hier mehrere Felsen im Wasser. Es wird nicht einfach, da durchzumanövrieren. Der Roboter schaltet seine Scheinwerfer an und sieht das Wrack am Grund. Deutlich erkennt er die Leylinie, die das Wrack streift.
Dodo lässt eine Taschenlampe an der Seilwinde hinab. Als Bob das Licht bemerkt, lässt er sich umgehend nach oben auf das Boot holen.
Unterdessen bereitet sich unser vierarmiger Freund auf den nächsten Tauchgang vor. Am selben Seil, an dem Eben noch Bob hing, wird er in der Nähe des Wracks hinuntergelassen. Er nähert sich dem versunkenen Schiff, immer darauf achtend, die Leylinie nicht zu betreten. Durch den nun offenen Schott hindurch kommt er in den Laderaum des alten Fischerbootes (Ende 20. / frühes 21. Jahrhundert). Hier ist niemand mehr außer ein paar Fischen, die schleunigst das Weite suchen. Schlamm, Dreck, alte Möbel… anscheinend bestand die Mannschaft damals aus 6 Personen: Flip findet Rucksäcke, alte unbrauchbare Waffen, eingeschweißte Essensrationen, Kletter-Equipment, modernere Speere und Zelte für jeweils 6 Mann. Überall finden sich Muscheln von außerordentlicher Größe, große Korallen und großer Seetang. Pritschen und die Kombüsen-Ecke sind noch erkennbar, aber alles ist verrottet. Nur dort, wo die Leylinie das Schiff kreuzt, sieht alles noch neuwertig aus, sieht man von der Perlmutt-artig schimmernden Schicht ab, die dort alles umgibt. Vierarm findet einen alten Computer („Convertible“, recht mitgenommen) und eine etwa Kopfgroße Schatulle aus Aluminium. Diese scheint etwas wasserdicht zu verpacken. Sie ist mit einem alten, schweren, primitiven Vorhängeschloss gesichert. Auf diesem ist ein Symbol eingearbeitet, das einen keltischen Lebensbaum zeigt (wie Bob später herausfindet). Ein Symbol ohne jede tiefere Bedeutung. Beides nimmt er mit.
Dann nähert er sich vorsichtig der Leylinie. Er schneidet etwas von der Perlmutt-artigen Schicht ab: es ist ziemlich schlabberig, fast Pilzartig und scheint lebendig zu sein. Er erinnert sich (später noch durch Dodos Wissen ergänzt), dass in der Vorväterzeit grausame Dinge aus dem Meer kamen. Die Außerirdischen haben Dinge eingeschleppt, die die Erde veränderten. Dieser Perlmutt-Schlabber scheint eines davon zu sein. Und nicht das schlechteste. In diesem frühen Stadium kann es nützlich sein, sogar als Nahrung dienen. Man müsste es nur in einem Labor reinigen und verarbeiten. Doch wehe, man lässt es zu lange wachsen. Dann möchte man nicht in der Nähe sein. Aber was sucht diese Pampe in einem Süßwasser-See? Es sollte umgehend zerstört werden, bevor es weiterwächst.
Mit nun dreierlei Beute beladen, verlässt Flip das Wrack und geht zurück. Er zieht am Seil und wird sofort von Bob nach oben gehievt. Auf dem Boot verfrachtet Vierarm den Leylinien-Schleim sofort in ein verschließbares Tongefäß. Evelyn stürzt sich auf den Convertible. Doch muss sie sich eingestehen, dass sie viel Zeit brauchen wird, um einem alten Computer in diesem Zustand auch nur irgendein Geheimnis zu entlocken.
Derweilen kümmert sich Robin um die Schatulle. Er bekommt er es jedoch nicht hin, sie zu öffnen. Schnell verliert er die Geduld und reißt die Schatulle auf. In hohem Bogen fliegt ein durchnässtes Buch über das Deck und geht über Bord (von wegen Wasserdicht… das war wohl mal). Nur einzelne matschige Klumpen mit wenigen Seiten landen auf dem Boot, mitten zwischen den Korallenzombie-Gedärmen. Beim Aufheben zerfällt diese Pappmaschee-artige Masse. Dodo kann auf einer Seite noch ein Bild und darunter das Wort „Isle“ erkennen. Wenn wir die paar Fetzen trockenen, könnten wir vielleicht noch ein wenig mehr erfahren. Auf Ethans Anleitung hin, legen wir die wenigen Seitenklumpen, die noch übrig sind, entsprechend vorsichtig auf dem Boot aus.

Doch da ist noch etwas in der Schatulle: ein glänzendes Amulett mit einem eingefassten Smaragd. Um den Stein finden sich sehr feingearbeitete Ornamente, vermutlich auch keltisch. Das ist Goldschmiede-Kunst auf höchstem Niveau. Dodo schaut noch etwas genauer hin: Der Stein, ja das ganze Amulett triefen nur so vor Magie. Etwas so stark Magisches hat er noch nie gesehen. Ein anerkennendes Pfeifen verlässt seinen Mund, dann malt er mit seinen Händen ein paar Symbole in die Luft, legt das Amulett andächtig in die Schatulle zurück und tänzelt mehrmals um diese herum. Dann verkündet er: „Ich glaube, es ist wichtig!“. Nun sind wir alle schlauer. Doch unser Freund will noch mehr wissen: Im Schneidersitz vor der Schatulle steckt er sich eine virtuelle Pfeife in den Mund. Anscheinend bittet er Papa Legba um Hilfe. Und tatsächlich erscheint Rauch wie aus einer Pfeife und brennt in unser aller Augen. Dann hören wir von Dodo einen Schmerzensschrei und er kippt nach hinten um. „Es ist strahlend weiß!“ ruft er aus. Er erklärt: Abertausende Rituale von Loa-artigen Wesen müssten ausgeführt werden, um so eine starke, göttliche Magie zu erzeugen und in diesem Amulett zu binden. „Vielleicht ist es der Schlüssel, um Unheil abzuwenden.“ Es ist nicht dafür gemacht, von Menschen getragen zu werden. Nicht einmal Dodo wäre heilig genug, dieses Schmuckstück an sich zu haben. Er verfrachtet es in eines der Essensgefäße; dieses ist zumindest verschließbar.

Da wir jetzt dieses mächtige Ding haben, erinnern wir uns daran, dass wir nicht viel Zeit haben: Das Bild zeigte uns, dass sich die Schwärze recht schnell ausbreitet. Evelyn will nördlich um die Insel herumfahren, also auf der See-zugewandten Seite, um von der Stadt aus nicht gesehen zu werden. Robin hält am Bug Ausschau nach Felsen unter Wasser, sodass unsere Kleine sie leicht umschiffen kann. Flip und Bob schauen sich die Insel näher an: Eine durchgehende Steilküste, ca. 30 m hoch. Unüberwindbar. Darauf ein Wald. In der Mitte der Insel: Ein Berg, auch unüberwindbar. Sobald wir die Insel umrundet haben, erkennen wir die Anlege-Möglichkeit, von der der Nereiden-Geist berichtet hat: An einer Stelle sind ca. 200m der Steilküste eingestürzt. Über die Zeit hat sich ein 50m tiefer Steinstrand gebildet, der wiederum an einer steilen Wand endet. Evelyn hält darauf zu. Je näher wir der Insel kommen, desto kälter wird es. Der Wald auf der Insel besteht aus Fichten und anderen Nadelbäumen. Ganz anders als der Urwald auf dem Festland. Es wirkt so, als ob die Insel aus einer komplett anderen Klimazone herausgerissen und hier abgestellt wurde. Temperatur falsch. Bäume falsch. Vögel falsch. Alles falsch.
Auch ungewöhnlich: Auf dem gesamten Weg zur und um die Insel haben wir drei Leylinien durchkreuzt (auf den folgenden Achsen: West – Ost, West – Nordwest, Südwest – Nordost). Flip erinnert sich, dass man mit Hilfe der Leylinien sehr schnell reisen kann. Und: So selten sind Leylinien eigentlich nicht: Mit einem Helikopter hat man ca. alle zwei Tage eine Leylinie gekreuzt. Und er erinnert sich, dass zwei sich kreuzende Leylinien immer problematisch sind. Doch hier sind es sogar drei davon. Das hat er selbst noch nie erlebt.

Als wir den Strand erreichen erkennen wir an der Steilwand einen hölzernen Aufzug. Zahnräder und zwei steinerne Gegengewichte machen einen stabilen, ja sogar massiven Eindruck (dicke Seile, pro Pfeiler sind drei Baumstämme zusammengebunden etc.). Unten ist der Aufzug über eine Kurbel nutzbar. Interessant: keinerlei Metall ist verbaut. Nur Holz und Stein. Es scheint ein Lastenaufzug zu sein. Die Plattform ist riesig: Evelyns Gefährt hätte darauf Platz. Doch wie lange wurde er nicht mehr gewartet?
Der Rotschopf macht das Boot fest, dann geht es über einen kleinen Auswurfsteg trockenen Fußes auf die Insel. Über den Strand geht es zum Aufzug und auf Flips Aufforderung steigen wir alle zusammen direkt auf die Plattform. Dann geht es in einem gemütlichen Tempo nach oben. Die ganze Konstruktion knirscht und knackt. Abenteuerlich. Als wir das obere Ende erreichen, sehen wir eine Lichtung. Ein seltsames Haus steht dort, in einen Hügel eingearbeitet. Darum ist überall Wald. Der Aufzug kommt mit einem Ruck zum Stehen. Und dann hören wir direkt einen gewaltigen Schrei.
Es ist 15:00 Uhr und die Sat1 Bälle fallen vom Himmel.
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